LEBEN. Da, wo Mantas und Nemo wohnen.

Jeder Handgriff sitzt. Heute steht DER Ausflug an – keine Zeit zu verlieren. In ein paar Minuten geht’s schon los. Die Schweizer Pünktlichkeit lässt sich heute nicht ganz einhalten, aber kein Drama: Auch unser Schnorchelguide Ketut und der Bootsfahrer sind ein paar Minuten verspätet.

Kaum bleibt Zeit, sich auszumalen, was da gleich unter Wasser auf uns wartet – und ob unsere Ängste mithüpfen – da sitzen wir auch schon auf dem Roller Richtung Boot. Am Strand gönnt sich Stefan noch schnell einen Kaffee to go, dazu für uns beide eine Tablette gegen Seekrankheit. Das Boot liegt bereit, Ketut und der Bootsfahrer helfen uns rein, wir kriegen schnell einen Platz zugewiesen und los: Volle Fahrt voraus!

Wir fahren aus der Bucht, Richtung Nusa Penida. Die Sonne wärmt schon ordentlich, aber der Fahrtwind sorgt für perfekte Abkühlung. Neben uns: Boote mit 15, 20 Leuten an Bord – wir mittendrin, ganz privat zu zweit. Ein Luxus, dessen Wert wir erst noch so richtig begreifen werden.

Ketut reicht uns Maske, Schnorchel und Flossen, während wir dem Surfer zuschauen, der mit seinem kleinen Sohn eine Welle reitet. Nach etwa 20 Minuten taucht vor uns eine Bucht auf. Die Felsen scheinen zum Greifen nah – ich frag mich kurz, ob wir da nicht ein bisschen zu nah ranfahren, aber offenbar ist das hier gewöhnlich. Keine Zeit für weitere Gedanken: Ausrüstung an und ab ins Wasser.

Ketut gleitet elegant vom Bootsrand, Stefan folgt auf drei. Ich atme tief ein, nicht zu viel nachdenken – und spring hinterher. Schnorchel freipusten, Wasser ist frisch, aber nicht kalt. Und schon bin ich mittendrin. Ich bleibe dicht hinter Ketuts Flossen, versuche den Anschluss nicht zu verlieren. Das Wasser ist klar, der Grund weit unten sichtbar, geschätzt fünf, vielleicht sechs Meter tief. Die Korallen leuchten, kleine Fische huschen vorbei, es ist ruhig – bis auf unsere Blasen.

Und dann – wie aus dem Nichts – ein Mantarochen. Lautlos, majestätisch, knapp 1,5 Meter Spannweite. Wir schwimmen hinterher, doch kaum haben wir ihn richtig gesehen, ist er auch schon wieder verschwunden. Ich beruhige meinen Puls, puste ein bisschen Salzwasser aus dem Schnorchel.

Ketut deutet nach vorne – wir folgen ihm an den Felsen entlang, vorbei an anderen Schnorchlern. Und dann: gleich drei Mantas, einer davon deutlich größer, fast zwei Meter, sagt Ketut später. Ich sehe, wie sich seine Kiemen öffnen, wie er das Wasser einsaugt – alles wirkt langsam, aber im Nu sind sie wieder verschwunden.

Kurze Zeit später winkt Ketut uns zurück ins Boot. Wir sind völlig aus dem Häuschen.

„Wie ging’s mit der Brille?“ – „Und der Schnorchel?“ – „Wie hast du die Mantas erlebt?“ Wir reden durcheinander, lachen, strahlen – ein bisschen salzwasserverklebtes Chaos mit ganz viel Euphorie. Und irgendwo zwischen all dem stellen wir fest: Wie viel Meerwasser haben wir eigentlich gerade mit den Mantas gefrühstückt? Ein Gedanke, der den Moment ziemlich gut zusammenfasst.

Nächster Spot: eine Bucht, ganz für uns allein. Der Bootsfahrer fragt noch vorsichtig: „Wollt ihr wirklich ins Wasser?“ Ich sag direkt ja – erst später wird mir klar, warum die Nachfrage.

Denn da ist es: Plastik, überall. Kaum Zeit, sich zu ekeln – unter mir plötzlich mehrere Mantas. Einer kommt von hinten, ich berühre ihn fast mit der Flosse. Wir schnorcheln, tauchen, versuchen uns zwischen Plastik und Faszination zu balancieren. Ich verstehe, warum die Tiere hier sind: Das Plastik muss noch Essensreste haben – Manta-Buffet. Schön und traurig zugleich.

Langsam füllt sich die Bucht auch mit anderen Booten – Zeit, weiterzuziehen.

Im Boot grinsen wir beide, als hätten wir gerade im Lotto gewonnen. Der nächste Halt: Crystal Bay. Und der Name ist Programm – das Wasser ist so klar, dass man meint, jemand hätte das Meer poliert. Fische in allen Farben, leuchtende Korallen, riesige blaue Seesterne.

Wir schwimmen Richtung Felsen – und da ist sie: eine Schildkröte. Ganz entspannt gleitet sie durch das Wasser, knabbert ein bisschen an den Felsen, schwebt schwerelos hin und her. Wir geben alles, um ihr zu folgen, aber irgendwann verschwindet sie elegant hinter einem Felsen.

Wir treiben noch eine Weile durchs Wasser, saugen jeden Moment auf.

Letzter Spot: das Riff vor den Mangroven von Nusa Lembongan. Hier lassen wir uns von der Strömung treiben – vorbei an riesigen Korallenlandschaften. Ganz unten, viele Meter tief, sehen wir Taucher. Ich bleibe dieses Mal an der Oberfläche. Es tut gut, einfach nur zu treiben, zu beobachten, zu atmen.

Ein letzter Blick auf eine Schildkröte, dann treibt uns die Strömung aus dem Riff. Zurück ins Boot – und Richtung Strand. Die Sonne steht hoch, unsere Haut spannt, die Glücksgefühle sowieso.

Hungrig wie nie geht’s nach einer Süsswasserdusche und frischen Klamotten ins nächstbeste Warung – zufällig mexikanisch. Und was soll ich sagen: Es ist das beste mexikanische Essen außerhalb von Mexiko. Frisch, hausgemacht, sogar die Chips und Tortillas.

Und weil wir nun mal im Schlemmermodus sind, geht’s direkt weiter zur Eisdiele.

Den Nachmittag lassen wir am Strand ausklingen, beim gleichen Local wie gestern. Die Sonne geht langsam unter. Wir sind glücklich, satt, leicht erschöpft – und immer noch ein bisschen sprachlos. Ketut hat uns ein paar Unterwasserfotos geschickt. Sogar ein Clownfisch ist dabei. „Nemo“, sag ich. Und ich erinnere mich daran, wie Ketut am letzten Riff abgetaucht ist – da muss er wohl kurz bei ihm vorbeigeschaut haben.

Und weil’s so schön war, landen wir abends wieder im mexikanischen Warung.

Dieser Tag? Bisher ganz klar mein Highlight der Reise.

16.04.2025 // Iasmin Böhringer

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