REGEN. Wenn alles um uns nass wird.
Ein neuer Tag – doch zum ersten Mal begrüßt uns nicht die Sonne, sondern dicke graue Wolken. Wir machen uns früh fertig, in der Hoffnung, den Wasserfall vielleicht ohne Guide und vor dem großen Regen zu erreichen.
Mit dem Roller geht’s los, ein kleines Stück nur, dann stellen wir ihn ab. Zu Fuß geht es weiter Richtung Wasserfall. Noch bleibt es trocken, aber kaum erreichen wir das Tickethäuschen, fängt es an zu regnen – erst so, wie wir es aus Europa kennen. Doch dann legt der Regen plötzlich richtig los. Innerhalb weniger Minuten wird der Weg zum Wasserfall zu einem kleinen Bach.
Wir stehen da, mitten im strömenden Regen, und wägen ab: Abenteuerlust gegen gesunden Menschenverstand. Keine weiteren Menschen außer uns. Während der Regen mittlerweile prasselt und das Wasser die Stufen hinunterfließt, entscheiden wir uns schweren Herzens für die vernünftigere Variante: zurück zur Villa.
Kaum sind wir wieder angekommen, bricht der totale Monsunregen aus. Zwischen den Bergen hängt schwer der Nebel, und es windet stark – eine fast gespenstische, aber beeindruckende Kulisse. Wir verbringen den Vormittag damit, das Spektakel vom Trockenen aus zu bestaunen. Kein schlechter Platz für ein bisschen Entschleunigung.
Zwischendurch kommt Nesa vorbei, um das Frühstück zu servieren. Dabei fällt uns auf, dass im Baum vor der Villa eine Durian-Frucht gereift ist. Das erkennt Nesa daran, dass die Frucht mit einem Strick am Ast gesichert ist – damit sie nicht auf den Boden (oder auf einen Kopf) fällt.
Geschickt klettert er auf den Baum und erntet die Frucht. Wir dürfen davon kosten. Die Durian gilt als "Königin der Früchte" – berühmt und berüchtigt zugleich. Wegen ihres intensiven Geruchs wird sie auch „Stinkfrucht“ genannt. Der Duft reicht je nach Nase von reifem Käse bis hin zu faulen Zwiebeln, während ihr Geschmack oft als süß, cremig und vanillig beschrieben wird.
Kein Wunder, dass die Durian in vielen Hotels und Verkehrsmitteln verboten ist! Auf Bali wird sie von den Einheimischen als echte Delikatesse geschätzt, und wer sich traut, wird oft mit einem einzigartigen Geschmackserlebnis belohnt. So wie wir gerade eben.
Am Nachmittag klart es wieder ein wenig auf. Die Sicht wird besser, der Regen lässt nach – und unser Hunger wird dafür umso größer. Also rauf auf den Roller und ab ins nächste Warung. Endlich was essen!
Kurz darauf treffen wir uns mit Nesa, unserem Gastgeber. Er bietet an, uns zu einem Tempel zu begleiten, und erzählt unterwegs viel über den Hinduismus auf Bali.
Hier ist Religion allgegenwärtig – jedes Haus hat seinen eigenen kleinen Tempel, Opfergaben gehören zum Alltag. Der balinesische Hinduismus ist eine besondere Mischung aus hinduistischen, buddhistischen und animistischen Elementen. Anders als im klassischen indischen Hinduismus steht auf Bali die Verbindung zwischen Menschen, Natur und Göttern im Mittelpunkt. Geopfert wird für Harmonie – kleine Päckchen aus Blättern, Blüten und Reis säumen Straßen, Treppen und Hauseingänge. Jeder Tag beginnt mit Gebeten und Gaben, um die Götter gnädig zu stimmen und die Dämonen fernzuhalten.
Nesa erzählt uns außerdem vom Leben in einem balinesischen Dorf: wie alle zusammenarbeiten, große Entscheidungen gemeinsam treffen und wie eng alles mit den Tempelritualen verknüpft ist – ein soziales Netz, das sich oft wie eine große Familie anfühlt.
Während er erzählt, bricht etwas die Sonne durch die Wolken. Lichtstrahlen erhellen das Tal. Und wir stellen fest: So ein Tag ist eben doch nicht verloren – er ist einfach nur anders schön.
18.04.2025 // Iasmin Böhringer