FACETTENREICH. Von Dschungelwegen bis Straßen ans Meer.
Heute heißt es: Alles rausholen, was geht. Das Wetter ist perfekt, und wir sind entschlossen, vor unserer Weiterreise noch so viel wie möglich zu erleben.
Früh am Morgen machen wir uns auf den Weg zum Sekumpul-Wasserfall. Am Eingang? Niemand. Kein Ticketverkäufer, keine Touristen – einfach nur Stille. Also laufen wir einfach weiter. Der Pfad schlängelt sich den Hang hinunter, und nach einer Flussdurchquerung stehen wir endlich davor: dem größten Wasserfall Balis. Was für eine Kraft! Das Wasser donnert in die Tiefe und erzeugt eine gewaltige Wolke aus Wasserstaub, die uns in Sekunden komplett durchnässt. Beim Fotografieren müssen wir sehr auf unsere Telefone aufpassen – einmal nicht aufgepasst und es wird zur Unterwasserkamera.
Nach ein paar mutigen Kletteraktionen auf den glitschigen Steinen und einem letzten bewundernden Blick auf die Naturgewalt treten wir den Rückweg an. Der Aufstieg ist brutal: schmale, steile Stufen – eine echte Herausforderung für Beine und Ausdauer.
Unterwegs begegnen wir einem Balinesen bei einer Opfergabe – offenbar hat er sich ziemlich erschrocken, uns zu sehen. Er behauptet plötzlich, wir müssten bei ihm Eintritt zahlen. Stefan bleibt jedoch hartnäckig, wir laufen einfach weiter. Hier rund um Sekumpul ist es gängige Praxis, dass Einheimische versuchen, Touristen einige Meter vor dem offiziellen Eingang abzukassieren – oft mit erfundenen Gebühren oder „Pflicht-Guides“. Wir bleiben standhaft und bezahlen unser Ticket erst am offiziellen Ausgang. Mission erfüllt: beeindruckender Wasserfall gesehen, offizieller Preis bezahlt, keine unnötigen Kosten.
Zurück treffen wir Nesa, der uns auf eine kleine Abenteuerfahrt einlädt – mit dem Roller quer durchs Dorf, einen extrem schmalen Weg hinauf, vorbei an Plantagen, Gärten und Häusern. Der Weg endet irgendwann – Autos kommen hier schon lange nicht mehr durch. Zu Fuß geht es weiter durch den Dschungel. Während wir laufen, lernen wir von Nesa über die Pflanzen der Umgebung: Kaffee, Ananas, Papaya, Kakao, Schlangenfrucht, Mangostane, Bananen – ein tropisches Paradies.
Am Ende des Weges wartet ein geheimer Wasserfall. Nur für Einheimische zugänglich, denn der Staat hat ihn für den Tourismus gesperrt. Ein verstecktes Juwel – und wir ganz allein mitten in der Natur.
Auf dem Rückweg – schon fast unter Zeitdruck wegen unserer Weiterreise – machen wir noch einen Abstecher zu einer Vanilleplantage.
Nun ja, Plantage: Wir denken an ordentlich angelegte Felder, an Reih und Glied. Hier aber wächst alles wild im Dschungel – oder, wie der Vanillebauer es nennt, in seinem „Garten“.
Vanillepflanzen sind übrigens eigentlich Orchideen. Die Vanille, die wir kennen, entsteht erst nach einem langen Prozess: Die Blüten müssen von Hand bestäubt werden, da die natürlichen Bestäuber fehlen. Nach der Ernte werden die Schoten über Wochen fermentiert und getrocknet, bis sie ihr typisches Aroma entwickeln. Ein aufwändiger und mühsamer Prozess, der Vanille zu einem der teuersten Gewürze der Welt macht.
Wir sind fasziniert: alles wirkt chaotisch, aber gleichzeitig gepflegt. Der Besitzer ist nicht da, doch eine alte Dame zeigt uns stolz die geernteten Vanilleschoten – riesige Mengen davon. Der Preis überrascht uns: 14 Schoten für 100'000 IDR, umgerechnet etwa 5 CHF. Ein echtes Schnäppchen für diese Qualität – wir schlagen sofort zu.
Doch nun wird es Zeit, zurückzukehren: Der Fahrer für unsere Weiterreise nach Amed wartet schon – überpünktlich.
Es wird die bisher längste Fahrt: mehr als drei Stunden über enge Straßen, vorbei an Dörfern, Tempeln und durch dichten Regen. Abwasserkanäle? So etwas gibt es nicht. Die Straßen verwandeln sich in Seen, Pfützen so groß, dass man Seekarten bräuchte. Unser Fahrer, naja... er ist leider der unsicherste Chauffeur bisher, was unsere Aufmerksamkeit nicht gerade entspannen lässt.
Als wir endlich Amed erreichen, kommt der nächste Schock: Der hoteleigene Eingang ist kaum zu erkennen – versteckt zwischen Baustellen, Bauschutt und Chaos. Wir müssen uns durch die Baustelle begeben, um die Hotelanlage zu betreten. Die Zimmer sind zwar groß, aber extrem dicht aneinandergedrängt, Privatsphäre – eher nicht vorhanden. Einziger Lichtblick: Das Hotel liegt direkt am Meer.
Kurz darauf trifft auch Stefan ein – er hatte sich vorher schon den Roller für Amed organisiert. Sein erster Gedanke beim Anblick des Hotels: „Das ist doch ein Witz!“ Aber nein, leider nicht.
Nach dieser anstrengenden Fahrt und der Enttäuschung über das Hotel raffen wir uns trotzdem auf: Wir gehen in ein Warung, essen einen Burger und erkunden danach ein wenig Amed.
Rückblickend empfinden wir den Tag als unglaublich facettenreich.
19.04.2025 // Iasmin Böhringer